Auswirkungen der Erbrechtsreform 2023

31. August 2022

Am 1. Januar 2023 tritt das revidierte Erbrecht in Kraft. Erblasserinnen und Erblasser können künftig über einen grösseren Teil ihres Nachlasses verfügen. Nachfolgend sollen die wesentlichen Änderungen sowie Auswirkungen der neuen Regelung aufgezeigt werden sowie eine Handlungsempfehlung abgegeben werden.

Pflichtteile

Während das aktuelle Erbrecht für die Nachkommen noch einen Pflichtteil von ¾ des gesetzlichen Anspruchs vorsieht, beträgt dieser ab dem 1. Januar 2023 für alle Erben die Hälfte des gesetzlichen Anspruchs (nArt. 471 ZGB). Pflichtteile der Eltern fallen vollständig weg (nArt. 470 Abs. 1 ZGB i.V.m. nArt. 471 ZGB).

Pflichtteile

Der Pflichtteilsschutz der Ehegattin bzw. des Ehegatten sowie der eingetragenen Partnerin bzw. des eingetragenen Partners bleibt unverändert, geht aber im Falle einer Scheidung mit der Revision allerdings bereits im Zeitpunkt der Einleitung eines Scheidungsverfahrens unter (nArt. 472 ZGB). Zu beachten ist, dass der gesetzliche Erbanspruch während des Scheidungsverfahrens fortbesteht, wenn keine entsprechende Verfügung von Todes wegen vorliegt

Unternehmensnachfolge

Die Nachfolge einer Unternehmung sollte frühzeitig geplant werden, wobei auch die erbrechtlichen Aspekte zu beachten sind. Oftmals stellt der Unternehmenswert, im Vergleich zum Gesamtvermögen des Erblassers, einen grossen Teil des Nachlasses dar. Müssen dann die Pflichtteile ausbezahlt werden, kann es unter Umständen zu Liquiditätsengpässen in der Unternehmung kommen, welche sich durch frühzeitige Planung hätten vermeiden lassen (so z.B. durch einen Erbvertrag). Hier kommt die neue Pflichtteilsregelung der strategischen Planung der Unternehmensnachfolge zugute. Die neue Regelung sorgt dafür, dass ein Unternehmen mit höherer Wahrscheinlichkeit gesamthaft übertragen werden kann.

Vorschlagszuweisung an den überlebenden Ehegatten

Im Rahmen der Meistbegünstigung vereinbaren Ehegatten oftmals eine überhälftige Vorschlagszuweisung, nach Art. 216 Abs. 1 ZGB beim Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung bzw. nach Art. 241 Abs. 2 ZGB bei der Gütergemeinschaft. Während eine Vorschlagszuweisung unter Gütergemeinschaft die Pflichtteilsansprüche aller berechtigten Nachkommen nicht verletzen darf, sieht dies bei der Vorschlagszuweisung unter Errungenschaftsbeteiligung anders aus. Diese darf lediglich die Pflichtteilsansprüche nichtgemeinsamer Nachkommen nicht beeinträchtigen (Art. 216 Abs. 2 ZGB). In Teilen der Lehre war umstritten, ob den gemeinsamen Nachkommen trotzdem ein Herabsetzungsanspruch zusteht. Ein solcher könnte allenfalls bestehen, wenn die Vorschlagszuweisung als «Schenkung auf den Tod» qualifiziert wird (hierzu BGE 102 II 313 Fall Nobel). Mit nArt. 216 Abs. 2 ZGB ist nun klar, dass die über die Hälfte hinaus zugewiesene Beteiligung am Vorschlag bei der Berechnung der Pflichtteile von gemeinsamen Kindern unbeachtlich ist.

Handlungsempfehlung

Wir empfehlen Ihnen daher Ihre Verfügungen von Todes wegen (Testament & Erbverträge) anlässlich der Erbrechtsrevision zu überprüfen.

 Verfasser: B.A. HSG, Kevin Strebel, Sommerpraktikant